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Stellungnahme zum Planungsstand des Wasserstoff-Kernnetzes
Wir bedanken uns für die Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem derzeitigen Planungsstand des Wasserstoff-Kernnetzes. Der Hydrogen Hub Aachen wurde im Mai 2021 gegründet und ist eine Initiative der Industrie- und Handelskammer Aachen, der Kreise Düren, Euskirchen und Heinsberg sowie der Stadt und StädteRegion Aachen. Der Hydrogen Hub Aachen verfolgt das Ziel, den Hochlauf der regionalen Wasserstoffwirtschaft zu forcieren und eine Positionierung als Wasserstoffmodellregion zu erreichen. Dazu wurde ein umfassendes Netzwerk, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern aus rund 350 Unternehmen, Verwaltungen und Forschungseinrichtungen aufgebaut. Die zukünftige Versorgung mit grünem Wasserstoff hat für die Region Aachen eine besondere Relevanz, da sie durch den Kohleausstieg einen gravierenden Strukturwandel bewältigen muss. Die bis dato uneingeschränkte Verfügbarkeit von kostengünstiger Energie hat in der Region zu einer hohen Dichte an energieintensiven Industrien geführt. Diese Industriezweige können nur zukunfts- und wettbewerbsfähig sein, wenn ihnen nachhaltige Energien gleichermaßen zur Verfügung gestellt werden. Dazu bedarf es einer umfassenden Transformation. Da für viele dieser Industriezweige eine reine Elektrifizierung ihrer Prozesse aus technischer oder ökonomischer Sicht nicht umsetzbar ist, entwickelt sich insbesondere die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff zu einem entscheidenden Standortfaktor für die Erhaltung lokaler Wertschöpfung und Arbeitsplätze.
Eine umfassende Bewertung des Planungsstands war innerhalb dem von Ihnen gewährten Zeitraum aufgrund der Kurzfristigkeit nicht möglich. Daher beschränken wir uns auf die wesentlichen, für uns wichtigen Themen.
Ausspeisepunkte
Sehr positiv bewerten wir, dass die im Rahmen des H2ercules Projekts geplante Pipeline Eynatten-Hürth (BE) durch unsere Region als Neubauleitung, inklusive Ausspeisepunkte in der StädteRegion und Stadt Aachen, im derzeitigen Planungsstand abgebildet ist. Nach unserem Kenntnisstand sind bisher jedoch keine Anbindungen bzw. weiteren Ausspeisepunkte, weder ausgehend von Bestandsleitungen noch von Neubauprojekten, in den Kreisen Euskirchen, Düren und Heinsberg vorhanden. Dies bewerten wir als kritisch. Alle drei Kreise verfügen über energieintensive Industriestandorte, deren Energiebedarf nicht allein durch dezentrale Erzeugung oder Verstromung gedeckt werden kann. Eine Energie-Bedarfsabfrage der Industrie- und Handelskammer Aachen bei ca. 200 Industrieunternehmen hat aktuelle Gasbedarfe pro Jahr in Höhe von jeweils ca. 830 GWh, 384 GWh und 198 GWh in den Kreisen Euskirchen, Düren und Heinsberg ermittelt, die es zukünftig zu substituieren gilt. Für Stadt und StädteRegion Aachen ergibt die Umfrage einen aktuellen Gasbedarf von ca. 1.300 GWh. Dabei sind einzelne Großverbraucher ebenso erfasst, wie regionale Clusterungen mehrerer Unternehmen. Die Datenlage ist allerdings noch nicht vollständig, da bisher nicht alle Unternehmen erfasst werden konnten. Auf Basis weiterer Daten und Gespräche, z. B. mit regionalen Netzbetreibern, ist davon auszugehen, dass die wirklichen Bedarfe in den Kreisen mindestens doppelt so hoch, teilweise dreimal so hoch sind. Für viele Unternehmen, die an diesen Standorten angesiedelt sind, ist eine reine Elektrifizierung ihrer Prozesse entweder technisch oder ökonomisch nicht abbildbar. Es ist daher unbedingt notwendig die Versorgung mit Wasserstoff dieser Industrien sicherzustellen, um den Industriestandort zu erhalten und eine Abwanderung der Industrie zu verhindern. Daher bitten wir, den aktuellen Planungsstand diesbezüglich zu überdenken, zu ergänzen und zu verdeutlichen, wie eine sichere, flächendeckende Versorgung mit Wasserstoff zukünftig gewährleistet werden kann.
Sektorenspezifische Nutzung von Wasserstoff
Die von Ihnen dargestellte Planung der Ausspeiseleistungen und -mengen (Tabelle 2) zeigt, dass neben Wasserstoffspeichern, großen PCI und IPCEI Projekten sowie KWK-Anlagen, im Wesentlichen die Eisen- und Stahl-, Glas-, Keramik-, Ziegel- und Chemieindustrie betrachtet wurden. Eine Beschränkung auf einzelne Industriezweige und -prozesse bewerten wir kritisch, da insbesondere die Region Aachen von mittelständischer Industrie verschiedenster Branchen geprägt ist. Die Energie-Bedarfsabfrage der IHK Aachen hat gezeigt, dass die in dieser Region stark vertretenen Branchen der Lebensmittel- und Papierindustrie zum Beispiel ebenfalls erhebliche Gasbedarfe haben. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass auch zahlreiche kleine und mittelständischen Unternehmen mit gasgeführten Prozessen arbeiten und in Summe ebenfalls große Verbräuche aufweisen, die zukünftig substituiert werden müssen. Insgesamt gibt es eine Vielzahl an Prozessen, die nicht direkt elektrifiziert werden können. Diese Unternehmen sind auf Wasserstoff angewiesen, um ihre Prozesse zu defossilisieren. Zudem haben diese mittelständisch geprägten, energieintensiven Industriezweige, wie beispielsweise die Papierindustrie, über Jahrzehnte auf Effizienz optimierte Prozesse und Wertstoffkreisläufe aufgebaut. Eine Elektrifizierung ist aus ökonomischer Sicht für diese Unternehmen nicht abbildbar und könnte darüber hinaus Entsorgungsprobleme hervorrufen. Die so entstehenden Kosten würden Unternehmen akut im Bestand gefährden. Nach unserer Auffassung sollte keine Beschränkung auf bestimmte Branchen oder Prozesse für Projekte erfolgen, wenn sie der Defossilisierung von Industrieprozessen dienen.
Delta Rhein Korridor
Aus dem vorliegenden Planungsstand entnehmen wir, dass der von BASF, Gasunie, OGE, und Shell geplante „Delta Rhine Corridor“ bisher nur bedingt im Planungsstand für das Kernnetz berücksichtigt wurde. Der Hydrogen Hub Aachen unterstütz dieses Projekt und setzt sich neben den geplanten Pipelineverläufen von den Niederlanden in Richtung Gelsenkirchen und Richtung Ludwigshafen über Köln, mit einem Positionspapier für eine Weiterführung der Leitungsinfrastruktur von Geleen (NL) durch das Rheinische Revier ein. Wir würden eine Berücksichtigung dieser Weiterführung befürworten, um eine spätere Verzahnung mit den dortigen Verteilnetzen und weitere Ausspeisepunkte zu ermöglichen.
Projektbüro Hydrogen Hub Aachen
c/o Industrie- und Handelskammer Aachen
Postfach 10 07 40, 52007 Aachen
Theaterstr. 6 - 10, 52062 Aachen
Ansprechpartner:
Fabian Müller-Lutz
Annadora Voß
Partner des „Hydrogen Hub Aachen“ sind die Stadt Aachen, die StädteRegion Aachen, die Kreise
Düren, Euskirchen und Heinsberg sowie die Industrie- und Handelskammer Aachen. Darüber
hinaus wird das Projekt durch die AGIT unterstützt.